Faustball

Im Jahre 1919, ein Jahr nach Beendigung des 1. Weltkrieges, lebte in Wasenberg der Turn- und Sportverein wieder auf. Obwohl in den meisten umliegenden Städten und Dörfern „König Fussball“ regierte, eroberte sich das Faustballspiel die Herzen des ganzen Dorfes. Dies hatte seine besondere Bewandnis. Joh. Heinrich Schneider, ein Wasenberger Sohn, kehrte 1920 aus englischer Kriegsgefangenschaft in sein Heimatdorf zurück und brachte das Faustballspiel mit in das Schwälmer Dorf. Eine vorbildliche Unterstützung fand Schneider in dem sportbegeisterten Lehrer Siebert. Diese beiden Männer schmiedeten schnell eine Faustballmannschaft zusammen, die sich aus folgenden Spielern zusammensetzte: Joh. Heinrich Haber, Lehrer Siebert, Joh. Heinrich Schneider, Johannes Heilemann und Heinrich Peter.

Zwei Jahre brauchten die Wasenberger Faustballer, und sie konnten den Gaumeistertitel in ihr bis dahin in Sportkreisen noch unbekanntes Dorf entführen. Die Begeisterung im Dorf war riesengroß. Die Mannschaft und ihre Betreuer wurden am Ortseingang von einer großen Menschenmenge und einer Wasenberger Blaskapelle in Empfang genommen.
Die Sportöffentlichkeit horchte auf und musste erleben, dass die Faustballer aus der Schwalm beständige Spieler hatten, die sich in den folgenden Jahren eine Reihe von Sieger-Lorbeeren eroberten. Kreis-, Bezirks- und Gaumeistertitel gingen wiederholt nach Wasenberg. Neben den zuvor genannten Gründermannschaft waren in den zwanziger Jahren folgende Spieler sehr erfolgreich: Ludwig Hoos, Heinrich Hasenpflug, Joh. Heinrich Wiegand, Konrad Gimpel und Eckhardt Geisel.
Im Jahre 1932 konnte in Altmorschen wiederum der Titel eines Gaumeisters erobert werden.
Eine sehr starke Mannschaft fand sich Mitte der dreißiger Jahre zusammen, die bis zum Kriegsanfang 1939 etliche Meisterschaften und Sieger-Pokale nach Wasenberg holte.
Von dieser Mannschaft kehrten die Sportkameraden Alles und Geisel nicht aus dem 2. Weltkrieg zurück. Auch die Sportkameraden A. Siebert, K. Gimpel, P. Staufenberg, L. Hoos, und J. Heinrich Wiegand sind im 2. Weltkrieg gefallen.

Nach dem Krieg fanden sich im Jahr 1947 wieder sportbegeisterte Männer, die den Krieg unversehrt überlebt hatten, zusammen, um in Wasenberg, neben dem Fußball-, auch wieder mit dem Faustballspiel zu beginnen. Schon ein Jahr später, 1948, gewann die erste Mannschaft der Männer-Meisterklasse in Frankenau das Pokalendspiel und brachte diesen ersten Nachkriegstitel mit nach Wasenberg. Folgende Spieler waren am Erfolg beteiligt: Wilhelm Schwalm, Joh. Heinrich Dickel, Heinrich Geisel, Georg Haber und Heinrich Talajew.

Die Jugend trat würdig in die Faustballstapfen der „Alten“ – sie hatten auch stets starke Trainingspartner – und schon 1948 konnte der erste hessische Meistertitel in der Jugendklasse nach Wasenberg geholt werden. Folgende Spieler waren am Erfolg dieser Meisterschaft beteiligt, die dann im gleichen Jahr auch in Krefeld um die Deutsche Meisterschaft spielte: Georg Haber, Johannes Dickel, Heinrich Geisel, Joh. Georg Geisel, Otto Korell.
Schon ein Jahr später war eine komplett neue Jugendmannschaft wieder bei den hessischen Meisterschaften in Offenbach erfolgreich und kämpfte in Köln um die Deutsche Meisterschaft. Gegen die sehr starken Gegner aus Lübeck, Bremen und Schweinfurt belegten die fünf Wasenberger Jungen einen grandiosen 3. Platz. In dieser Mannschaft spielten: Joh. Peter, Wilhelm Schmidt, Eckhardt Geisel, Alfred Schlape, Heinrich Siebert und Heinrich Haber.

Während die Mannschaft des Jahres 1948 mit dem Zug nach Krefeld reiste, fuhren die jungen Sportler 1949 mit einem Leih-Wagen nach Köln, in dem neben dem Fahrer, dem ersten Vorsitzenden auch noch alle fünf Faustballer einen Platz finden mussten: Sieben Personen in einem PKW von Wasenberg bis Köln, für heutige Verhältnisse unvorstellbar.
Im Jahr 1951 wurden sowohl die 1. Mannschaft als auch eine neue Jugendmannschaft bei den Bezirksmeisterschaften in Kassel Meister und spielten im gleichen Jahr in Hanau um die hessische Meisterschaft. Während die Mannschaft der Meisterklasse im Endspiel nur knapp gegen Pfungstadt verlor, reichte es für die Jugendmannschaft immerhin zu einem 4. Platz.
In der Jugend kamen folgende Spieler zum Einsatz: Heinrich Geisel, Joh. Georg Geisel, Wilhelm Schmidt, Hermann, Hermann Geisel, Georg Alles und Joh. Berneburg.
Im Jahre 1952 belegte die 1. Mannschaft beim stark besetzten Pokalturnier in Marburg den 2. Platz und die neuformierte Jugendmannschaft nahm den Pokal mit ins Schwälmer Land.
Ein Jahr später, 1953, nach verlustpunktfreiem Gewinn der Bezirksmeisterschaft in Kassel, spielte die Jugendmannschaft wieder in Marburg, diesmal um die hessische Meisterschaft. Die Mannschaft spielte sich bis ins Endspiel vor und konnte mit einer großen kämpferischen Leistung den hohen Favoriten aus Sinn mit zwei Punkten schlagen. Leider konnte die Mannschaft aus finanziellen Gründen des Vereins nicht an den Deutschen Meisterschaften in Hamburg teilnehmen.
Es war fast die gleiche Jugendmannschaft, Schlagmann Georg Alles wurde aus Altersgründen durch Heinrich Knauff ersetzt, die im darauf folgenden Jahr wieder sehr erfolgreich war. Nach dem Gewinn von Gau- und Bezirksmeisterschaft wurden 1954 erneut die hessichen Meisterschaften im Faustballspiel in Marburg ausgetragen. In diesem Jahr zählten die Mannschaften aus Pfungstadt und Sinn wieder zu den großen Favoriten. Jedoch hatten auch dieses mal die Wasenberger die Nase vorn und besiegten Pfungstadt in einem dramatischen Endspiel mit 27:26.

Die Resonanz in der Region, und nicht zuletzt in Wasenberg selbst, war nach dem erneuten Gewinn der hessischen Meisterschaft sehr groß. So konnte man am darauf folgenden Montag im Sportteil der „Hessischen Nachrichten“ über die hessischen Faustballmeisterschaften in Marburg lesen:
„Die fünf wackeren Wasenberger hefteten damit erneut einen schönen Sieg an ihre Fahnen, der sie berechtigt, an den deutschen Meisterschaften in Stuttgart teilzunehmen. Am 3. September fährt das Quintett in die württembergisch-badische Landeshauptstadt und wird würdig die schöne Sportart vertreten, die in Wasenberg schon seit rund einem Vierteljahrhundert gepflegt wird.“

Die Reise nach Stuttgart verlief jedoch nicht ohne Probleme. Gegen Mittag fuhren die Betreuer mit ihren Betreuern und Fans mit einem Kleinbus der Firma Kohl aus Treysa in Wasenberg los und kamen bis in die Nähe von Grünberg. Wegen eines Reifenschadens mussten sie bis zum späten Abend in einer nahegelegenen Gastwirtschaft ausharren, um schließlich gegen 2.00 Uhr in der Nacht an der Jugendherberge in Stuttgart anzuklopfen. Jedoch ohne Erfolg. Man bekam endlich in einer großen Halle des Neckar-Stadions die Möglichkeit auf Feldbetten noch etwa 3 Stunden zu ruhen.
Übermüdet durch die Strapazen der Reise, verloren die Wasenberger ihr erstes Vorrundenspiel knapp gegen den Meister aus Westfalen, Oberringelheim, gewannen das nächste Spiel gegen Berlin-Zehlendorf, konnten jedoch das alles entscheidende letzte Vorrundenspiel gegen den späteren Deutschen Meister Schweinfurt nicht zu ihren Gunsten entscheiden. In einem sehr spannenden Spiel endete dieses 29:28 für Schweinfurt, womit die Wasenberger in die Verliererrunde mussten, in der alle weiteren Spiele souverän gewonnne wurden und am Ende ein würdevoller 5. Platz belegt wurde.

Im Jahr 1955 überzeugte wiederum die Jugendmannschaft des TSV. In veränderter Aufstellung konnten Gau-, Bezirks- und zuletzt die hessische Landesmeisterschaft in Darmstadt ohne Verlustpunkte gewonnen werden. In Darmstadt waren wieder die Jugendlichen aus Pfungstadt der Endspielgegner. Das knappe Ergebnis von 29:27 belegt auch hier, wie spannend dieses Spiel war. Zur deutschen Meisterschaften 1955 fuhren die jungen Sportler aus Wasenberg in die badische Stadt nach Karlsruhe. Trotz guter Ergebnisse in der Vorrunde reichte es auch diesmal nicht zu einem der begehrten vorderen Plätze. In dieser erfolgreichen Mannschaft kamen zum Einsatz: Heinrich Knauff, Heinrich Thiel, Wilhelm Berneburg, Hermann Geisel, Paul Staufenberg.

In den Jahren zwischen 1956 und 1964 wurden zahlreiche Pokalturniere besucht, u. a. in Kirchhain, Korbach, Kassel und Rodheim, von denen Wasenberg sehr oft als Sieger nach Hause kehrte. Ebenso beteiligte man sich an Gau- und Bezirksmeisterschaften mit wechselhaftem Erfolg. Eine neue Jugendmannschaft erzielte wie die Männer-Meisterklasse 1963 den 3. Platz bei den hessischen Landesmeisterschaften in Rüsselsheim.
Das Jahr 1965 war wieder ein von großem Erfolg gekröntes Sportjahr. Nach zielstrebigem Training im Frühjahr wurden alle Punktspiele in der Landesklasse der Männer-Meisterklasse gewonnen und Wasenberg spielte beim letzten Turnier, dem Landesturnfest in Offenbach um den Titel des hessischen Meisters. Mit nur einer Niederlage gegen Offenbach wurden die Wasenberger Männer mit 32:2 Punkten erstmals hessischer Meister und waren somit berechtigt an den Aufstiegsspielen in die Bundesklasse Südwest, der höchsten deutschen Spielklasse, teilzunehmen. Diese Aufstiegsspiele fanden in Ludwigshafen statt. Die Mannschaft belegte einen hervorragenden 2. Platz und waren somit aufgestiegen. Zwei Jahre konnte man sich in dieser höchsten deutschen Faustballklasse halten.

Auch das Jahr 1966 war aus sportlicher Sicht gesehen sehr erfolg- und umfangreich. Neben den 7 Pflichtturnieren besuchten die Wasenberger 12 Pokalturniere u. a. in Hanau, Frankfurt, Kassel, Rodheim, Sinn, Kirchhain, Haiger und Marburg, wobei ein 1. Platz und fünf 2. Plätze belegt werden konnten. Im September 1967 fand der letzte Spieltag der Bundesklasse Südwest statt. Als Vorletzter in der Tabelle musste die Mannschaft in die hessische Landesklasse absteigen.

In den folgenden Jahren konnten in der Landesleistungsklasse weitere gute Platzierungen in der Tabelle belegt werden. 1974 wurde der neu eingeführte Nordhessen-Cup gewonnen, an dem folgende Spieler beteiligt waren: Georg Schneider, Gerhard Alles, Armin Thiel, Hans Heilemann, Walter Haber, Walter Schwalm, Wilhelm Berneburg, Gerhard Rasner und Heinrich Thiel.

In den Jahren 1884 und 1987 konnten erneut Bezirksmeistertitel nach Wasenberg entführt und in die hessische Landesklasse aufgestiegen werden.

In der Jahreshauptversammlung des TSV von 1990 ist letztmalig einem Bericht des Faustballfachwartes zu entnehmen, dass die Mannschaft bei Hallen- und Feldturnieren mittlere Platzierungen eingenommen hat. Es wäre zu bedauern, wenn mit dieser letzten Eintragung ins Protokollbuch die erfolgreichste Sparte seit Bestehen des TSV Wasenberg zu ende sein sollte. Mit dem Faustballspiel haben Wasenberger Sportler mehr als 70 Jahre für ihr Dorf nicht nur im Schwälmer Land und Nordhessen, sondern bis weit ins Hessenland und darüber hinaus große Anerkennung und Sympathien erworben und damit in Sportlerkreisen ihr Dorf populär gemacht.